Wilmes-Doku
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video and photography
 
   
     

Der Montgó ist der „Hausberg“ der Küstenstadt Dénia in der Marina Alta an der nördlichen Costa Blanca. Dénia gehört zur Provincia Alicante in der Comunidad Valenciana. Der Montgó ist 753 Meter hoch. Vom Ausgangspunkt sind ca. 550 Höhenmeter zu überwinden. Wegen der schwierigen Passage im oberen Drittel gilt diese Route von der Nordostseite als die schwierigste, um auf den Gipfel zu gelangen. Trittsicherheit ist erforderlich, ebenso gutes Schuhwerk.


Der Parkplatz liegt auf der Anhöhe zwischen Dénia und Javea und hat ausreichend Platz. Von hier geht es los.

Zunächst geht es durch ein schattiges Kiefernwäldchen.


Nach einer guten Viertelstunde beginnt der Trampelpfad und somit der eigentliche Aufstieg. Es sind zwar nur 2,7 Kilometer bis zum Gipfel, aber zweieinhalb Stunden solltest du mindestens einplanen. Ich habe eine Stunde länger gebraucht, weil ich mir gerne mehr Zeit nehme, z.B. um Fotos zu machen oder zu filmen. Und mit fast 70 Jahren bin ich ohnehin vorsichtiger und langsamer unterwegs.

Schon bald bietet sich dir ein wunderschöner Ausblick. Ganz links, das ist der große Parkplatz. Links von der Bildmitte befindet sich das Cabo de San Antonio mit dem Leuchtturm und den Sende- und Radartürmen. Rechts in der Ferne ist Jávea zu sehen.

Das ist der Blick in nördliche Richtung. Am rechten Bildrand steht der alte Wachturm Torre del Gerro. Davor ist ein „Lost Place“, eine nie fertiggestellte, aber auch nie abgerissene Urbanisation. Im Vordergrund siehst du die Straße, die Dénia und Jávea verbindet.

Dénias Hafen mit den beiden Molen.

Wenn du diesen einzelnen Baum siehst, hast du bereits zwei Drittel des Aufstieges geschafft. Aber jetzt wird es lustig. Du siehst gleich, warum.


Das ist der weitere Weg, sofern du ihn Weg nennen willst. Jedenfalls wirst du deine Hände benötigen, um den Gipfel zu erreichen. Nur an wenigen Stellen wird es noch etwas Wegstrecke geben, ansonsten bietet sich dir nur diese Felsenwüste.

Du hast gesehen, dass Trittsicherheit wirklich von Nöten ist. Was du hier aber gar nicht gebrauchen kannst, ist Höhenangst. Wie du an der Farbschattierung auf dem Fels sehen kannst, motiviert der Abschnitt die meisten Bergwanderer, sich ganz rechts zu halten. Wer zu weit links geht, benötigt einen Wingsuit.


Geschafft. Die Gipfelmarkierungen auf 753 m Höhe sind erreicht.

Im Süden, mit etwas Zoom fotografiert, befindet sich Calpe mit dem Peñón de Ifach. Der Felsen gilt als Wahrzeichen der Costa Blanca.

Der anstrengende Aufstieg hat sich allein schon wegen des Blicks auf Dénia gelohnt.

Warum das hier ein Naturpark ist, kannst du hier sehen. Der Parque Natural El Montgó ist wirklich ein Juwel.


Ein weiter Blick über den Golf von Valencia. Problemlos kannst du bis Cullera sehen auf 321° und 52 Kilometer entfernt. Bei klarer Sicht ist sogar Ibiza, die westlichste Baleareninsel zu sehen. Und Valencia lässt sich erahnen. Mein Tipp: Gehe nicht zu spät hier hoch, damit du nicht in die Dunkelheit gerätst. Denn das wäre durchaus gefährlich, selbst wenn du eine Stirnlampe dabei hast. Sollte dir die Nordostseite zu heikel sein, kein Problem, der Aufstieg von Jesus Pobre ist sehr viel smarter, allerdings bei längerer Wegstrecke.

So, nun geht es wieder zurück. Ich habe schon Leute gesehen, die tänzeln förmlich hier hinab. Also, bei mir funktioniert das nicht. Es gibt Stellen, da gehe ich rückwärts. An diesem Tag war ich samt einer Stunde Aufenthalt am Gipfel über sieben Stunden unterwegs.

Meine Wanderung auf den Pulpit Rock.

Sie neigt sich, die erste Juliwoche in diesem Jahr 2023. Mein Aufenthalt in Norwegen im Rahmen meiner fünfwöchigen Nordreise geht übermorgen zu Ende. Ich werde von Kristiansand mit der Fähre nach Hirtshals übersetzen. Fast vier Wochen bin ich jetzt unterwegs.

Leider habe ich den Zeitplan für Stavanger und den Preikestolen zu eng gesteckt. Zwei Übernachtungen habe ich an einer schönen Bucht in Tananger geplant. Heute morgen war ich noch in Bergen. Den Aufstieg zum Preikestolen hatte ich für heute Nacht auf meinem Zettel, denn ich wollte zum Sonnenaufgang oben sein. Doch die Dame an der Hotelrezeption warnte mich eindringlich, das nicht zu tun. Es habe geregnet und die Felsen seien glitschig. Das wäre leichtsinnig, wenn man mit den Örtlichkeiten nicht gut vertraut ist.

Das machte mich sehr nachdenklich. Für den morgigen Mittag habe ich einen Schiffsausflug in den Lysefjord gebucht. Mir wurde klar, dass es sehr eng wird mit meinem Preikestolen-Abenteuer. Spontan entschloss ich mich, noch am frühen Abend aufzusteigen.

Um 17:45 stehe ich jetzt auf dem Parkplatz an der Fjellstua, der Preikestolhytta, auch bekannt als Base Camp. Es ist bewölkt mit Lücken, so dass immer wieder Sonnenstrahlen auf den Boden treffen.

Ein paar Worte zu mir. Ich bin Ostwestfale, jetzt 69 Jahre alt und lebe schon seit 2003 in Spanien in der Provinz Alicante. Was Bergwanderungen betrifft, bin ich nicht ganz unerfahren. In meiner Wohnregion gibt es viele und sehr spannende Berge, von denen ich schon viele bestiegen habe. Bestiegen im Sinne von Bergwandern ist gemeint, also kein echtes Klettern. 2009 habe ich den Kilimandscharo geschafft und war am Summit, dem Uhuru Peak auf 5.895 Metern. Zweimal stand ich auf dem Teide, dem höchsten Berg Spaniens. Ansonsten war ich stets mit Bergen zwischen 500 und 1500 Metern Höhe zufrieden. Zudem habe ich einige Marathonläufe absolviert, den schnellsten mit 3:37 und viele Halbmarathons.

Vor 5 Jahren warf mich eine Knieoperation zurück. Ein Riss in Knorpel des linken Gelenkes erforderte das Entfernen eines Drittel des Knorpels. Das hatte Folgen, die einfach erklärt sind. Im Gegensatz zum Gehen ist man beim Laufen stets einen Moment in der Luft. Jede Landung mit dem Fuß bedeutet einen Stoß im Kniegelenk. Ist der Knorpel nicht vollständig, bei mir auf der Innenseite, bedeutet das eine Reizung der Knochen. Das führt zu Schmerzen und Schwellungen des Knies. Genauso ist es beim Abstieg vom Berg. Jeder Stoß bedeutet eine Belastung. Das bedeutet aber nicht, dass ich nur noch Schach oder Halma spielen kann. Ich kann problemlos wandern, Rad fahren, schwimmen und mehr, aber nicht Laufen und Bergabsteigen.

Ich diesem Jahr fand ich heraus, dass vorsichtiges Bergabsteigen mit geschicktem Einsatz von Gehstöcken mein Problem löst. Das verlängert zwar die Wanderzeit, ermöglicht aber weiterhin das Bergerlebnis. Aus dem Grund habe ich den Preikestolen in meinen Reiseplan genommen und im Frühjahr auch entsprechend trainiert.

Wer nicht alle Aktivitäten von mir verfolgt, dem sei erklärt, dass die gesamte Reise eine Filmreise ist. Es entstehen fünf einzele Videos über Südschweden, Gotland, Norwegen 1, Norwegen 2 und Nordjütland. Dieser Aufstieg heute ist also Teil meiner Filmaktivität. Um Gewicht zu sparen, bin ich jedoch nur mit einer DJI-Action-3 (Actioncam) und einer Mavic-3-Cine-Drohne ausgestattet. Die Fotos sind also alle Screenshots aus dem Videomaterial.

Nach zwanzig Minuten muss ich mich erstmal setzen, durchatmen. Der erste Anstieg vom Parkplatz hatte es schon in sich. Es ging steil hoch. Ich schaue jetzt auf die Uhr. Es ist 18 Uhr 11. Das ist gut. Die Sonne geht erst gegen 23 Uhr 30 unter. Dunkel wird es also erst in gut fünfeinhalb Stunden. Das müsste doch zu schaffen sein.

Das Höhenprofil auf der offiziellen Webseite habe ich mir angeschaut. Es gibt drei kurze, aber dafür wirklich steile Abschnitte. Den smartesten davon habe ich gerade hinter mir. Zwischen den sehr anstrengenden Passagen kommt glückliches Wander-Feeling in mir auf. Die Natur ist genauso schön, wie ich sie liebe, besonders diese von der Eiszeit glatt geschliffenen Felsen inmitten von saftigem Grün.

Wir reden hier von einer Acht-Kilometer-Wanderung und von addierten vielleicht fünfhundert Höhenmetern. Der tatsächliche Höhenunterschied zwischem dem bequemen Fahrersitz in meinem Auto und der atemberaubenden Plattfort da oben beträgt genau 324 Meter. Das klingt wirklich harmlos, ist es aber nicht, wie ich erfahren werde.

Es kommen mir viele Menschen entgegen, offenbar sind aber nur noch wenige Zeitgenossen auf die Idee gekommen, zu dieser Zeit hier aufzusteigen. Das erfüllt mich mit Hoffnung, beim Filmen nicht zu viele Wanderer im Bild zu haben. Nachdem es ich in der traumhaft schönen Stadt Bergen mit sehr netten und ganz, ganz vielen Kreuzfahrern zu tun hatte, die nicht wissen können, dass sie mir meine Motivsuche erschweren, bin ich jetzt hier unterwegs zu einem weiteren, absoluten Hotspot in Norwegen.

Mir kommen Japaner entgegen. Ob der Kaiser auch hier war? Meine Euphorie steigt. Sollten da oben heute abend tatsächlich nur einige wenige Menschen sein, obwohl es sich um einen der berühmtesten Aussichtspunkte auf diesem Planeten handelt? Leichte Zuversicht gewinnt beim Würfeln meines Stimmungsbildes.

Ich gehe durch eine Art „Bundesgartenschau“. Sehr nett haben sie das gemacht, die Norweger. Würde da jetzt noch ein Pandabär sitzen und es mehr tropische Luftfeuchtigkeit geben, könnte ich mich in noch andere Welten träumen.

Es gibt Landschaften, ich habe das in meinen fast sieben Jahrzehnten gelernt, die siehst Du nur, wenn Du Dich anstrengst. Da, wo Dich keine Seilbahn hinfährt oder kein Hubschrauber Dich absetzt. Ich bin glücklich mit eigener Kraft schöne Orte erreichen zu können. Orte wie dieser mit einer traumhaften Aussicht.

Es gibt teils moderate Stufen. Aber dann wird es schnell anstrengend. Auch, wenn ich keinen „Gliedermaßstab“ (Zollstock) im Rucksack dabei habe, sind es oft geschätzte fünfzig bis sechzig Zentimeter je Schritt.

Jeder reagiert da anders. Meine Oberschenkelmuskulatur ist in meinem Vorbereitungsprogramm darauf nicht vorbereitet worden. Es zwickt nicht knapp oberhalb des Knies, wie ich es kenne. Nein, ich spüre die Muskelermüdung eher im oberen Bereich der Oberschenkel.

Aber sie bieten hier auf dieser Tour immer wieder Wohlfühlterrain. Vermutlich ist dieses Land auch deshalb so ein Touristenmagnet. Aber genauer betrachtet ist dieser Bohlenpfad nur deshalb so gebaut worden, weil hier ein sumpfiger, morastiger Abschnitt ist. In Deutschland wäre hier ein durchgehendes Geländer als zwingende Vorschrift in irgendeiner Bauordung. Ok, ich übertreibe vielleicht, es sind nur meine Gedanken. Wer viel wandert weiß, dass man dabei viel Zeit zum Nachdenken hat.

Hier mache ich eine Pause, weil meine Oberschenkel am Limit sind. Sie könnten sich verkrampfen. Ich höre auf meinen Körper und schau mir eine Weile die Landschaft an, die ich hinter mir habe. Indem ich Video und Fotos mache, verlängere ich meinen Pausenstatus. Merkt ja keiner, dass es mir um Muskelerholung geht.

Ich denke: „Wie schön ist das denn?“

Nein, ein so tolle Landschaft sehe ich nicht, wenn ich mit dem Auto an allem vorbei fahre. Es ist unvergleichlich schön, in die Natur hineinzuwandern, innezuhalten, Zeit zu haben und die Stunden zu genießen. Das hier ist ein idealer Ort dafür. Tjødnane ist eine Gruppe kleiner Gebirgsseen.

Es ist ein Screenshot aus meinem Video. Das ist ein Ort, der genauso aussieht, wenn Du ihn mit Deinen eigenen Augen siehst. Hier oben, in Norwegen, ganz unweit vom Pulpit Rock, zu dem so viele Menschen selbst gehen wollen.

Ein Blick zurück. Über diese geschliffenen Felsen bin ich gerade gegangen, in dieser Traumlandschaft. Die könnte man gut malen, in Öl oder als Aquarell. Oder nur mit dem Bleistift. Und dann mal ein Wort zum Zustand, der bei so viel Tourismus eigentlich anders zu erwarten war. Ich habe nicht ein einziges Stück Müll entdeckt, keine Getränkedosen, keine Plastikflaschen und keine Verpackung von Eiweißriegeln. Ich weise auch darauf hin, dass ich diesen Eindruck in allen skandinavischen Regionen hatte, die ich gesehen habe. Es ist das erste Mal nach einer Reise, dass ich bislang bei keinem Foto mittels Photoshop Zigarettenpackungen und Fastfoodverpackungen entfernen musste.

Links des Weges hat mich dieser Vogel in den Bann gezogen. Eine Krähe, oder Rabe? Ich weiß es nicht. Ohne Zoom in der Actioncam bin ich ihm trotzdem nahe gekommen. Dann aber tauchte er ab und flog über diesen im Hintergrund blau schimmernden Lysefjord, nicht ohne zu schimpfen. Na ja, Touristen eben.

Solltest Du Dich nun ermutigt fühlen, die Plattform des Preikestolen erreichen zu wollen, überprüfe mal deine Höhenangst. An einigen Stellen ist der Weg sehr schmal. Der Lyseford da unten liegt 600 Meter tiefer.

Richtige Höhenangst habe ich nicht, aber etwas mulmig ist mir trotzdem. Ich bevorzuge deshalb den rechten Rand des Weges und halte mich fest, wo es geht.

Sollte ich hier hinein rutschen, wäre es wohl kein Problem, denn so ultraschlank bin ich nicht.

Und dann stehe ich tatsächlich vor dem Felsen, von dem ich schon ein halbes Jahr träume. Und ich sehe scheinbar verrückte Menschen, die das Dasein am Abrund lieben.

Ich bin nun stolz, es geschafft zu haben. Natürlich wollte ich diesen Ort unbedingt in meinem Video haben. Und ein weiterer Eintrag in mein persönliches Geschichtsbuch.

Eine Weile stehe ich und schaue einfach nur in die weite Berglandschaft des Rogalandes, die vom Lysefjord durchschnitten wird und von hellem Granitfels geprägt ist. Ein Ausblick von einem der berühmtesten Aussichtspunkte dieser Welt. Anfang Juli an einem Abend um 20 Uhr 30.

Ich werde gebeten, ein Foto zu machen. Das passiert mir oft. Und ich mache es immer sehr gerne.

Ein Deutscher spricht mich an. Er wurde auf mich aufmerksam, weil ich mich selber filme und dabei spreche. Er will hier auf dem Felsen übernachten. Dann schlug er netterweise vor, mich zu fotografieren. Näher an die Felskante und an den 604 Meter unter mir liegenden Lysefjord will ich jetzt aber nicht herangehen.

Das hier ist auf jeden Fall, ohne jede Übertreibung, einer der spannensten Orte, die ich in meinem Leben besucht habe. Und ich habe durch meine spontane Entscheidung eine gute Zeit gewählt. Normalerweise ist hier oben viel mehr los.

Es gibt Orte, die haben eine Magie, die mich stark in den Bann zieht. Für mich ist das hier so ein Ort. Um hierher zu kommen, hat es Vorbereitung und Anstrengung gebraucht. Ich sage zu mir selbst: „Dafür hat es sich gelohnt.“ Die Felsformation bekam diese Form vor über 10.000 Jahren. Gefrorenes Wasser in den Spalten ließ den Fels bersten, so dass diese glatten Kanten entstanden. Man spricht in dem Fall von einer Frostsprengung. Eine gut sichtbare Spalte ist rechts zu sehen. Dort könnte der Frost weitere Arbeit leisten.

Der Abstieg ist romantisch, aber auch etwas quälend. Ich benutze die Stöcke, die mir gut helfen. Am Ende, als ich das Auto erreichte, bin ich total erschöpft. Zweieinhalbstunden Aufstieg, eine Dreiviertelstunde Aufenthalt am Ziel und dann wieder zweieinhalbstunden Abstieg, die Tour war anstrengend für mich.

Völlig entspannt am nächsten Tag. Das Ausflugsschiff von Stavanger bringt mich an die Fjordküste unterhalb des „Pulpit Rock“. Oben links der Mitte ist die Plattform des Preikestolen zu sehen. So klein, so winzig, aber von oben sehr bedrohlich. Es ist immer die Sichtweise, unser Standpunkt, von der wir einen Blick auf das Leben werfen.

Gestern abend war ich da oben. Von unten, so meine ich, sieht der Felsen nicht weniger spannend aus. Ich höre Stimmen auf dem Schiff. Einer sagt: „Nein, da würde ich mich nicht hinstellen.“ Ich schmunzle, erzähle jedoch nicht, dass ich vor wenigen Stunden dort oben war.

( alle Fotos frei, Lizenz Namensnennung CC BY 2.0 )