Mein Kick
Als ich als kleiner Junge Film- und Fernsehbeiträge sah, hat es mich gepackt. Es muss ein wunderbares Gefühl sein, das alles zu können, all das, was einen Film oder eine Dokumentation ausmacht. Von A bis Z. Ich sah den Nachspann mit den vielen Namen und Gewerken und wollte so viel wie möglich davon selbst können.
Viele Jahre später, ich war schon erwachsen, hatte ich meine erste Videokamera in der Hand. Von dem Augenblick an hat es mich nicht mehr losgelassen. Bilder und Töne einfangen und etwas daraus machen.
Es gab kein Internet wie heute und somit auch keine Tutorials. Ich brachte mir alles selbst bei, durch beobachten und probieren. Die Ergebnisse wurden immer besser. Die Post ging aber erst so richtig ab, als ich einen Weg entdeckte, meine Fähigkeiten im Rahmen meines eigentlich kaufmännischen Berufes einzusetzen. Das war Anfang der 1980er Jahre.
Als Führungskraft im Versicherungs-Außendienst erkannte ich, dass sich die Mitarbeiter viel besser von Zielen begeistern ließen, wenn man sie ihnen richtig schmackhaft macht. Nein, nicht nur mit Geld, sondern mit bewegten Bildern. Meine Vorgesetzten waren begeistert. Die köderten routiniert die Verkäufer und Agenten mit Reisezielen, das haben sie schon immer so gemacht. Und nun gab es einen Mitarbeiter, der war ich, der diese Reiseziele präsentierte und zudem auch noch die anschließende Reise dokumentierte. Das Ergebnis waren Videocassetten für alle und Vorführungen.
Das ging dann über fünfzehn Jahre so. Ich lernte an mir selbst und lieferte perfekte Ergebnisse. Man muss sich mal vorstellen, was in meinem Kopf vorging, als ich Anfang der 90er im großen Sendesaal des ICC Berlin eine Reisedokumentation vorführte. Dreihundert Zuschauer hinter mir auf den Rängen und das Video via Beamer auf einer Kinoleinwand. Dann der Applaus. Da kriege ich heute noch Gänsehaut. Vieler solcher Events hat es gegeben.
Heute ist mein Publikum weit verstreut im Netz und nur wenige davon kenne ich persönlich. Der Applaus besteht heute aus einem winzigen Daumen, oder mehreren.
Ja, was ist denn nun der Kick?
Ich sage es so, wie es ist. Es ist das „Machen“. Von A bis Z ein Projekt durchzuziehen und dann sein eigenes Werk anzusehen. Wenn es dann öffentlich ist, und ein paar Daumen und Kommentare kommen, umso besser. Aber der Kick für mich ist das machen.
Es fängt stets mit einer Idee an. Die nimmt im Kopf und in der Planung seinen Lauf. Man muss ein Konzept haben, mit Leuten reden, Termine und Orte finden. Dann muss man drehen, also Bild und Ton einfangen. Oft ergeben sich riesige Datenmengen, manchmal weit mehr als 1000 Videoschnipsel, die geordnet, sortiert und vorbearbeitet werden müssen. Die Postproduction ist extrem komplex mit einem ganzen Strauß an hochwertiger Software. Bild und Ton kombinieren und harmonisch in Szene zu setzen. Musik suchen und finden, neuerdings sogar selbst erstellen mittels AI und eigenem Texter-Talent.
Und am Ende sitzt man vor dem großen TV-Screen und sagt sich: „Wow!“
Das alles zusammen ist mein „Kick“.